Christoph Bräunig
Christoph Bräunig
Jurist und Geigenbauer
Position: Dozent
Seminare
Die Idee der Freiheit ist die Grundlage unserer Gesellschaftsordnung und prägt die Moderne wie kein anderer philosophischer Begriff. Trotzdem ist bei näherem Hinsehen alles andere als eindeutig, was es eigentlich heißt, frei zu sein. Dabei haben die Antworten auf diese Frage weitreichende Konsequenzen für das Verständnis unserer persönlichen Lebensentwürfe, unseres politischen und wirtschaftlichen Zusammenlebens, unserer Rechtsordnung und unseres Verhältnisses zu anderen Lebewesen.
Das Seminar widmet sich diesem Themenkomplex aus philosophischer und aus rechtswissenschaftlicher Perspektive. Es wird einerseits darum gehen, die theoretischen Grundlagen unseres Freiheitsverständnisses offenzulegen, indem die klassischen Definitionen gemeinsam analysiert und diskutiert werden. Dabei wird sich herausstellen, dass Freiheit ganz unterschiedlich aufgefasst wird, je nachdem, ob sie primär als negative verstanden wird, die uns vor unzulässigen Eingriffen etwa in unsere Privatsphäre schützt, oder als positive, die uns bestimmte Ansprüche beispielsweise auf staatliche Leistungen sichert. In einem zweiten Schritt dann sollen die spezifisch juristischen Konsequenzen unterschiedlicher Freiheitskonzeptionen anhand konkreter Fälle aus der Rechtsprechung aufgezeigt und gemeinsam besprochen werden. Lassen sich aus den unterschiedlichen Bestimmungen von Freiheit präzise Vorgaben für ein Recht auf Eigentum, ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder auf demokratische Partizipation ableiten? Und inwiefern spielen solche Zusammenhänge in der gegenwärtigen Rechtspraxis eine Rolle? Und welche kritische Funktion hat kann der Rückgriff auf den Freiheitsbegriff in der politischen Praxis gegebenenfalls haben? Diese und weitere Fragen sollen in einer produktiven und offenen Atmosphäre diskutiert werden.
Das Seminar wurde vom Philosophen Max Winter gemeinsam mit Christoph Bräunig als Rechtswissenschaftler geleitet.
So vertraut uns die Begriffe Recht und Gerechtigkeit auch sein mögen, so schwer scheint es doch, sie genau zu fassen. Nicht nur das wachsende Gewirr geltenden Rechts scheint undurchsichtig, sondern auch der Begriff des Rechts selbst führt schnell zur Verwirrung. Ist Recht die Gesamtheit der Gesetze, also mit dieser gleichzusetzen, oder gibt es ein Recht außerhalb der Gesetze? Wenn ja, in welchem Verhältnis stehen Recht und Gesetz dann zueinander? Wie können wir einen Maßstab gewinnen, welchen Gesetzen wir folgen müssen und welchen nicht? Oder gibt es eine Pflicht, jedem Gesetz zu folgen, nur weil es gilt, auch wenn es uns als Unrecht scheint oder gar von einem ungerechten Herrscher oder Unrechtsstaat erlassen wurde? Gibt es ein Recht auf Widerstand gegen solche Gesetze oder sogar eine Pflicht, sich dem ungerechten Gesetzgeber zu widersetzen?
Ist Recht das Mittel, um Gerechtigkeit herzustellen oder nur notwendiges Übel, um an Stelle eines Krieges Aller gegen Alle ein Gemeinwesen, einen Staat zu ermöglichen?
Im Seminar wollen wir diese Fragen von zwei Gesichtspunkten aus betrachten. Im ersten Teil des Seminares sollen anhand klassischer und zeitgenössischer Text einige maßgebende Positionen in der Geschichte der Rechtstheorie erarbeitet werden, um so die Begriffe Recht und Gerechtigkeit aufzuklären.
Dazu werden wir uns zunächst anhand kurzer Textabschnitte aus den Werken Aristoteles‘ und Ulpians mit den Grundlagen des modernen Rechts in der Antike befassen, wobei wir Platon als scharfen Kritiker und radikalen Verfechter von positivem Recht zu Sprache kommen lassen. Im zweiten Schritt werden wir uns mit der sogenannten Naturrechtsdebatte befassen, das heißt, der Frage nachgehen, ob sich Recht allein aus geltenden Gesetzen ableiten läßt oder ob es vielmehr idealistischer Voraussetzungen wie Freiheit und Moral bedarf. Insbesondere den Zusammenhang von Recht, Moral und Freiheit wollen wir diskutieren. Hierzu werden wir Textausschnitt aus den Werken Hobbes, Kants, Hegels und Kelsens lesen. Drittens werden wir uns mit der Spannung von Recht und Gerechtigkeit befassen, wobei wir Texte von Radbruch und Rawls behandeln werden.
Im zweiten Teil des Seminares werden wir eine Brücke zur Praxis schlagen, indem wir die theoretischen Fragen am Beispiel des deutschen Grundgesetzes und anhand maßgebender deutscher Rechtsprechung prüfen.