Was wäre das Leben ohne Arbeit?

Was wäre das Leben ohne Arbeit?

Seminar zur Philosophie, Informatik und Geschichtswissenschaft

Arbeit in modernen Zeiten

»Wenn die Weberschiffe selber webten, … dann freilich bedürfte es für die Meister nicht der Gehilfen und für die Herren nicht der Sklaven.«
(Aristoteles, Politik)

Arbeit gilt als wichtiger Zweck des menschlichen Daseins. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, daß dies nicht immer so gewesen ist; vielmehr ist die große Bedeutung, die wir heute der Arbeit beimessen, eine Besonderheit der letzten paar Jahrhunderte. Allerdings werden in unserer Gegenwart jene Stimmen lauter, die ein nahes Ende der Arbeit beschwören. Viele sehen die rasanten Entwicklungen in Bereichen der Automatisierung, der Robotik und der künstlichen Intelligenz als Anzeichen dafür, daß menschliche Produktivkraft bald überflüssig werden könnte. Dennoch richten wir nach wie vor unser individuelles und gesellschaftliches Leben wesentlich auf Arbeit und Erwerbstätigkeit aus. Unsere Bildung und Ausbildung gelten vor allem diesem Zweck. Und unsere modernen Staaten beziehen mehr als die Hälfte ihrer Steuereinnahmen aus der Arbeit ihrer Bürger.

Unser Seminar hat somit ein doppeltes Ziel. Zum einen wollen wir uns einer Vielzahl literarischer, historischer und theoretischer Quellen über Arbeit widmen: Texte, Bilder, Filme. Zum anderen werden wir vor diesem Hintergrund einige der offenen Fragen diskutieren, die Arbeit heute für uns alle zu einem dringenden Thema machen. Unsere aktuellen Probleme gewinnen an Tiefe, wenn wir sie durch ein breites Spektrum an Positionen und Imaginationen der Vergangenheit und Gegenwart anreichern. Lebt das mittelalterliche Motto »ora et labora« womöglich in der Arbeitsverherrlichung der modernen Sozialdemokratie fort? Hat die antike Geringschätzung körperlicher Arbeit ihre neuzeitliche Entsprechung in Utopien einer Zukunft ohne Arbeit? Wie hängt die Abschaffung der Sklaverei mit den Folgen der Industriellen Revolution oder mit der Rede von »Human Resources« zusammen? Ist es gerecht, daß Menschen verschiedener Herkunft oder verschiedenen Geschlechts für die gleiche Tätigkeit unterschiedlich entlohnt werden? Wie bereitet man sich auf einen Arbeitsmarkt vor, der zu einem großen Teil darin besteht, Aufgaben aus menschlichen Händen und Köpfen in technische Lösungen zu überführen? Und wie können wir uns eine Zukunft vorstellen, in der die Menschheit von lästiger Arbeit weitgehend erlöst ist?

Mit diesen und weiteren Fragen rund um das Thema Arbeit richtet sich das Seminar an all diejenigen, die sich für eine gerechtere Verteilung des Wohlstands dieser Welt interessieren, an all diejenigen, die gern mehr über das Verhältnis von Mensch und Technik erfahren möchten und an all diejenigen, die gern von einer sinnvolleren Gestaltung kostbarer Lebenszeit träumen.

Das Seminar wird vom Literaturwissenschaftler und Philosophen Vincent Heßling und der Juristin Charlotte Heppner geleitet.